Die Varikosis, eine erfundene Krankheit?!
(Auszug aus Dr. Holtzmanns Venenbuch)
Die Varikosis, eine erfundene Krankheit?!
(Auszug aus Dr. Holtzmanns Venenbuch)
Nun komme ich zu dem Teil, den alle Menschen schlechthin als Venenerkrankung ansehen – “das Krampfaderleiden“. Zwei Dinge sind sehr entscheidend für die Beurteilung von Krampfadern. Den einen Teil wissen Sie schon: es gibt eben zwei Venensysteme. Ein oberflächliches (Feldwege), welches 10 %transportiert und ein tiefes Venensystem (Autobahnen), welches 90 % des Venenblutes zum rechten Herz zurückführt. Die Krampfadern gehören nicht zu dem Autobahnensystem, sondern zu dem Feldwegsystem.
Krampfadern entstehen aus 2 Gründen:
- Genetik (Erbgut), das heißt, man kann die Anlage von den Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern erben.
- Die Lebensbelastung. Bei Personen die den klassischen Stehberufen angehören, z. B. Bäcker, Metzger, Gastronom oder Friseur kommt eine genetische Anlage eher zum Ausbruch als in einem Sitzberuf.
- Man muss wissen, dass diese zwei Faktoren auch nach einem operativen Eingriff oder einer sonstigen Methode zur Entfernung der Krampfadern natürlich bestehen bleiben. Deswegen ist es eben nicht die Operationsmethode oder der besonders geniale Chirurg, der verhindern kann, dass die Krampfadern wiederkommen.Man sollte unbedingt wissen, dass ein phlebologischer Lehrsatz existiert, der lautet:
Krampfadern alleine sind erst einmal keine Erkrankung!
Dieser Lehrsatz hat weltweit weiter Gültigkeit. Die oberflächlichen Venen transportieren viel zu wenig Blut, um im Gesamtbild des venösen Abstroms eine größere Rolle zu spielen. Wenn nun ein Teil dieser oberflächlichen Venen als Krampfader ausgebildet ist, so ändert dies nichts an der relativen Unbedeutendheit im Hinblick auf die Abstromleistung der einzelnen Systeme (10 % zu 90 %).
Natürlich gibt es aber auch Krampfadern, die man entfernt oder stilllegt. Dann, wenn sich ein subfasciales Ödem ausbildet, dass heißt, eine tiefe Venenstauung entsteht und die Krampfadern einen sehr großen Durchmesser zeigen. In diesen Fällen kann man eine gewisse Entlastung des tiefen Venensystems erwarten.
Aber vergessen sie nicht die 2 Ursachen der Krampfaderbildung:
Erstens Erbgut,
zweitens Lebensbelastung.
Diese Faktoren bleiben bestehen. Deswegen muss man auch damit rechnen, dass Krampfadern sich neu bilden können. Einer der erfahrensten Schweizer Chirurgen, Dr. Reinhard Fischer, dem man gewiss nicht vorwerfen kann, dass er technische Fehler bei der sogenannten Stripping-Operation begeht, veröffentlichte im Jahr 2000 sehr interessante Zahlen.
Er untersuchte 125 Beine, die er persönlich operiert hatte nach, und kam zu dem Ergebnis, dass nach 34 Jahren bei ca. 80 % dieser Patienten die Vene die er entfernt hatte sich neu nachgebildet hatte. Dies bedeutet für jeden operierten Patienten, dass er in 1 bis 34 Jahren mit dem Wiederkehren der operierten Krampfadern rechnen muss. Nach einem Jahr ist das sicherlich ärgerlich, nach 34 Jahren spielt es keine so große Rolle! Die Genetik spielt eben doch die vorherrschende Rolle.
Dies wird endgültig unterstrichen durch eine Entdeckung der Schleswig-Holsteinischen Universitätsklinik. Hier hatte man 2006 das Gen im menschlichen Erbgut gefunden, das für die Bildung von Krampfadern verantwortlich ist! Eigentlich sollten jetzt die Streitereien der Chirurgen und anderen Krampfaderbehandler beendet sein. Die Technik und das Verfahren der Krampfaderbehandlung spielen eine untergeordnete Rolle!
Die Schaumsklerosierung
(Auszug aus Dr. Holtzmanns Venenbuch)
Ich möchte Ihnen ein Konkurrenzverfahren zum chirurgischen Eingriff vorstellen. Es nennt sich Schaumsklerosierung und ist ein Verödungsverfahren.
Das Prinzip der Verödung ist der Natur abgeschaut. Man machte früher die Beobachtung, dass nach Venenentzündungen die Krampfadern verschwinden können. Aus dieser Beobachtung heraus entwickelte man Maßnahmen um eine kontrollierte Entzündung der störenden Krampfader zu provozieren. Hierzu verwendete man verschiedene Substanzen. Anfänglich Kochsalz, dann jodhaltige Sklerosierungsmittel und heute ist weltweit das Polydocanol das am weitesten verbreitete und das von den Nebenwirkungen am besten erforschte Mittel.
Um das Jahr 2000 herum, entwickelte die Firma Kreussler das sogenannte Doppelspritzenverfahren, das es ermöglichte das Polydocanol mit steriler Raumluft aufzuschäumen.
Schon um 1960 gab es Ärzte die nicht mit Flüssigkeit, sondern mit diesem Schaum sklerosierten. Der Schaum hat große Vorteile! Erstens benötigt man nur noch ein Fünftel an Sklerosierungssubstanz und auch die Konzentration des Polydocanols kann wesentlich niedriger gewählt werden. Dies ist alles äußerst positiv für den Patienten. Durch die Aufbereitung des sterilen Schaums wirkt das Sklerosierungsmittel aber stärker.
Besonders in Italien und Frankreich, ist die Sklerotherapie viel verbreiteter als in Deutschland. Dort werden konsequent alle Arten von Krampfadern sklerosiert, während in Deutschland fast nur operiert wird. Man muss nur über die Grenze zu unseren südlichen und westlichen Nachbarn gehen, und schon sind die Therapieansichten völlig anders.
Der große Streit zwischen Sklerotherapeuten und Chirurgen, welches Verfahren besser ist, macht wie sie jetzt wissen auch keinen Sinn. Beide unterliegen, was das Wiederkommen der Krampfadern anbelangt, dem Naturgesetz, dass Krampfadern genetisch bedingt sind und ihre Ausprägung von der Lebensbelastung abhängt. Deswegen kann auch hier nicht von einem besseren oder einem schlechteren Verfahren gesprochen werden.
Dem Patienten sollte man beide Verfahren, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben, erklären, und sich das Verfahren aussuchen lassen, welches für ihn angenehmer oder besser geeignet erscheint.
Die Sklerotherapie hat einige Vorteile gegenüber den chirurgischen Verfahren.
Es ist ein absolut ambulantes Verfahren, dass auf jegliche Art von Narkose verzichten kann. Es ist kein Klinikaufenthalt nötig. Selbst eine Krankschreibung ist unnötig und lässt keinen Arbeitsausfall entstehen.
Die Sklerosierung mit Schaum ist auch an sehr hautempfindlichen Zonen, wie dem Fußriss und der Schienbeinkante durchzuführen, dort wo nur ungern operativ eingegriffen wird.
Sieht man ein Krampfaderbein von außen, so erkennt man häufig (wie auf diesem Bild) nur eine Krampfader, die sich das Bein hochschlängelt.
Ein Blick in das Gewebe mit der farbcodierten Duplex-Sonograhpie lässt aber nicht nur eine Krampfader, sondern ganze Nester von Krampfadern erkennen. Die schwarzen Kreise im Ultraschallbild sind immer ein Querschnitt durch eine Krampfader.
Injiziert man nun eine flüssige Sklerosierungslösung, so fließt diese Lösung relativ zügig über das Gefäß, das man getroffen hat ab. Es wird also nur ein Gefäßdurchmesser verschlossen werden. Hier ist ein großer Vorteil der Schaumbehandlung. Der Schaum hat die Angewohnheit sich im ganzen “Krampfadernest” auszubreiten und dort zu verweilen. Dies kann man im Ultraschallbild sehen und die Ausbreitung verfolgen. Man bewirkt also bei der Schaumbehandlung eine gründlichere Therapie als mit der Flüssigkeitssklerosierung, die eventuell eine wiederholte Einspritzung in die nicht mitreagierenden Krampfadern nötig macht.
Jede krampfaderentfernende Methode muss unbeschränkt wiederholbar sein. Sie darf dem Organismus nicht schaden. Die Schaumsklerosierung und auch die anderen Verödungsmethoden können beliebig oft wiederholt werden ohne einen Nachteil für den Patienten.
Das Risiko gegenüber einem operativen Eingriff ist wesentlich kleiner und der Eingriff selbst, nämlich die Einspritzung, ist minimal gegenüber einem operativen Geschehen.
Die Schaumbehandlung ist, wie sie jetzt schon wissen, schonender und wirkungsvoller als die Verödung mit Flüssigkeiten, weil eine niedriger konzentrierte Injektionssubstanz vorliegt und auch nur 1/5 der Verödungssubstanz benötigt wird. Letztendlich sind die Kosten der Schaumsklerosierung wesentlich kleiner als die eines operativen Eingriffs.
Ein scheinbarer Nachteil ist allerdings, dass jedes Verödungsverfahren bis zum Erreichen des kosmetischen und funktionellen Endzustandes länger dauert. Die künstlich provozierte Entzündung führt zu einer Verklebung der Krampfader, welche dann vom Körper aufgelöst wird, so dass nur noch ein mit dem Mikroskop erkennbarer bindegewebiger Rest zurückbleibt. Die Ader wird also auch entfernt. Aber alle biologischen Vorgänge brauchen Zeit und je nach Durchmesser der Krampfader dauert es Wochen bis nichts mehr zu sehen und zu fühlen ist.
So sieht der mit dem Doppelspritzensystem der Firma Kreussler hergestellte Sklerosierungsschaum aus (linkes Bild). In eine Glasspritze umgefüllt, wird dann die Krampfader punktiert und der Schaum, ca. 2 ml injiziert.
Schon direkt nach der Injektion sieht man ein Zusammenziehen der Krampfader. Sie verschwindet für das Auge des Beobachters (rechtes Bild).
Jetzt kommt ein ganz entscheidender Teil, der kosmetisch und funktionell größte Bedeutung hat. Es muss nun ein Verband angelegt werden. Aber keiner, der nach einer Viertelstunde beim Gehen des Patienten verrutscht oder sich löst. Also, ein fixierter Verband, ein Klebeverband, der vom Arzt selbst angelegt wird.
Auch hier ist der Anlagedruck von höchster Wichtigkeit. Zu starker Druck, wie er etwa beim Zinkleimverband entsteht, wirkt entzündungshemmend. Dass heißt, die gewollte vorübergehende leichte Entzündung, die ein Zuwachsen der Ader zur Folge hat, wird verhindert. Der Verband muss sehr gleichmäßig vom Druckverlauf angewickelt werden, um keine Schnürfurchen entstehen zu lassen. Der Verband ist Garant dafür, dass sich die Wände der behandelten Krampfader aneinanderlegen und so eine Verklebung entstehen kann, die möglichst wenig gefangenes Blut im Gefäßquerschnitt zurücklässt. Später schiebt der Körper die Reste des gefangenen Blutes zu Blutinseln zusammen, die dann als Knoten zu tasten sind.
Hier besteht keine Gefahr! Die Ader ist darüber und darunter verschlossen. Diese Blutinseln sind also fixiert. Der Arzt lässt sie später durch Einstich mit einer Spezialkanüle zur schnelleren Heilung heraus. Das Blut, das austritt, hat eine teerähnliche Konsistenz und ist fast schwarz.